Geschichte der Inneren Sphäre
bis 3049
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bildete sich an Stelle der UNO eine neue Weltregierung, das Allianz-Parlament, welches auch als die West-Allianz bezeichnet wurde. Diese Allianz schaffte es nicht nur endgültig Frieden zu schaffen (bis auf wenige kleinere Kriege), sondern förderte auch die wissenschaftliche Forschung und die Raumfahrt. Nach und nach umfasste die Allianz mehr als 120 Mitgliedsstaaten, wobei sie zur "Terranischen Allianz" umbenannt wurde. Das Stimmrecht eines jeden Staates wurde mit Hilfe einer komplexen Formel aus Beitrittsdatum, Bruttosozialprodukt, Bevölkerung und militärischer Stärke errechnet.
Das 21. Jahrhundert war geprägt von unvorstellbarem wissenschaftlichen Fortschritt. So baute die Allianz 2020 den ersten Fusionsreaktor, so dass 2027 das erste fusionsgetriebene Raumschiff zum Mars startete, welches die Reise in nur 14 Tagen schaffte, wofür zuvor ca. 5 Monate nötig waren. Durch diese Entwicklung war der Besiedlung des Sol-Systems nichts mehr im Wege, und so besaß die Terranische Allianz 2050 im gesamten Sol-System Forschungsstationen sowie Bergbaustationen. Unbemannte Sonden hatten auch in den benachbarten Systemen Tau Ceti, Epsilon Eridani und Epsilon Indi bewohnbare Planeten entdeckt. Außerdem trieb die Raumfahrt die Entwicklung von hochverdichteten und leichten Baumaterialien voran, was sogar zu tragbaren Fusionsreaktoren führte.
Weniger spektakulär waren die wissenschaftlichen Entdeckungen der beiden Physiker Thomas Kearny und Takayoshi Fuchida von der Stanford University, welche die Grundsätze der theoretischen Physik in Frage stellten. Mitte des 21. Jahrhunderts verstarben diese beiden völlig unbekannt und von ihren Kollegen verlacht. Es sollte noch achtzig Jahre dauern, bis die bahnbrechenden Forschungsarbeiten dieser beiden großen Männer bewiesen und gewürdigt werden sollten.
Des weiteren hatte man in der medizinischen Prothesenforschung „Myomere“ genannte Polyazetanfasern entwickelt, welche sich unter Einfluß von Elektrizität wie echtes Muskelgewebe zusammenzogen. Unglücklicherweise war die Länge einer solchen Faser weit größer, als jedes beliebige menschliche Körperglied. Auch diese Forschungsarbeit sollte drei Jahrhunderte ruhen.
Im Jahre 2102 kam es zum größten wissenschaftlichen Durchbruch der letzten zwei Jahrhunderte. Die Terranische Allianz beschloß die Einleitung des „Deimos-Projekts“. Dieses Projekt beruhte ironischer Weise auf den Forschungsarbeiten der einst verlachten Wissenschaftler Kearny und Fuchida. Das Deimos-Projekt stellte ein Schnellprogramm zur Konstruktion des ersten Prototypen eines überlichtschnellen Raumschiffs da. Nach Ansicht der einsteinschen Mathematik war der Kearny-Fuchida Sprungantrieb nicht möglich. Kearny und Fuchida gelang es, die einsteinsche Mathematik in einem eigenen Subset zu abstrahieren. Das Prinzip war einfach: Um eine Masse am Punkt A wird ein Kraftfeld von präzise bekannten Eigenschaften aufgebaut, und durch eine weitere, „Dimension“, die wir aus Mangel eines passenden Begriffs Hyperraum nennen, bewegt, wobei die Masse in Nullzeit an einen Punkt B transportiert wird. Das Deimos-Projekt ermöglichte so 2108 den Jungfernflug des ersten Überlichtraumschiffs nach Tau Ceti. Allerdings verbrauchte die Konstruktion dieses Raumschiffs mehrere Milliarden, und sorgte für Verstimmung in der Allianz, besonders mit den ärmeren Mitgliedsländern. Dieser Bruch der Terranischen Allianz heilte nie völlig aus. Immer wieder standen „arme“ Länder gegen „reiche“ Länder da.
Kurz darauf begannen die Werften der Allianz die ersten überlichtschnellen Kolonisierungsschiffe zu produzieren. 2116 wurde schließlich auf Tau Ceti IV (New Earth) die erste ständige Raumkolonie gegründet. Nach und nach entstanden immer mehr Kolonien, welche später unter die Verwaltung der Terranischen Allianz gestellt wurden. Schließlich mussten auch alle Kolonisierungsschiffe von einem Begleitschiff der Terranischen Raumflotte begleitet werden, um die Expansion zu kontrollieren. Im Jahre 2172 meldete der erste Zensus der Allianz schon über 100 menschliche Siedlungskolonien innerhalb eines Radius von 40 Lichtjahren um Sol. Der vierte Zensus im Jahre 2235 erfasste bereits über 600 Welten.
Allerdings ließen die Probleme nicht lange auf sich warten. Wasserquellen waren vielerorts so unrein, dass sie weder für Trinkwasser noch zur Bewässerung eingesetzt werden konnten. Der Unternehmer Rudolph Ryan ließ sich schließlich 2177 einen Prozess patentieren, mit dem überlichtschnelle Tanker in sogenannte „Eisschiffe“ umgebaut wurden, die gewaltige Eisasteroiden durch den interstellaren Raum transportierten. Hierdurch wurde das Ryankartell zum profitabelsten Unternehmen der gesamten Terranischen Allianz. Durch diese „Eisschiffe“ wurden selbst als „nur begrenzt bewohnbar“ eingestufte Planeten mit Erfolg besiedelt.
Je weiter sich die Allianz ausbreitete, desto länger wurden auch die Kommunikationswege, was die Allianz dazu zwang den Kolonialgouverneuren weitergehende Kompetenzen einzuräumen, wobei diese ihrerseits den Siedlern weitgehende Selbstverwaltung einräumen mussten. Als im Jahre 2235 eine Koalition aus Kolonien am äußersten Rand des besiedelten Weltraums die Unabhängigkeit erklärte, begann ein erbitterter 18 monatiger unabhängigkeits Krieg gegen Terra, der als die „Rebellion der Außenbezirke“ bekannt wurde. Zur großen Überraschung der Allianz musste die Terranische Regierung feststellen, dass sie weder über die militärischen Mittel noch über die politische Unterstützung verfügte, die zur Niederschlagung der Rebellion nötig gewesen wären.
Der Verlust dieser Welten führte zu einem Mißtrauensvotum gegen die herrschende Partei der „Expansionisten“, wodurch diese abgesetzt wurde. Im Verlaufe der nächsten 70 Jahre gelang es keiner Partei die Kontrolle über das Terranisches Parlament zu gewinnen. Die Grenze des von Menschen bewohnten Weltraums verschob sich auf nur noch 30 Lichtjahre von Sol; also nur einen einzigen Hyperraumsprung von Sol entfernt.
Um den ständigen politischen sowie ökonomischen Schwierigkeiten zu entgehen, begannen viele der besten Köpfe Terras auf die unabhängigen Kolonien umzusiedeln. Spätere Historiker bezeichnen diese Periode als den „Exodus“ (2102 - 2313). Während des Exodus wurden 1500 neue Welten von Terra aus kolonisiert, wodurch sich die Grenze des von Menschen besiedelten Weltraums auf über 150 Lichtjahre von Sol vorschob. Mehr und mehr terranische Mittel wurden in die Kolonisierung des Weltraums gesteckt, wobei die wissenschaftliche Forschung vernachlässigt wurde. Die Siedler waren zu sehr mit Überlebensproblemen beschäftigt, als dass sie sich für neue Technologien eingesetzt hätten. Um ihre Unabhängigkeit zu sichern, schlossen sich die Ex-Kolonien zu ihrer gegenseitigen Unterstützung zusammen. 2271 unterzeichneten drei unbedeutende Staatsoberhäupter den „Vertrag von Marik“. Dies war die Geburtsstunde der Liga freier Welten, die erste jener großen Konföderationen, die eines Tages um die Macht und Vorherrschaft im besiedelten Weltraum kämpfen würden.
Schließlich, im September 2314, brach die Terranische Allianz zusammen. Als es zu einem kurzen aber äußerst heftigen Bürgerkrieg zwischen den rivalisierenden Parteien der Expansionisten und den Liberalen kam griff Flottenadmiral James McKenna an der Spitze des Allianz-Militärs ein, und beendigte die Kämpfe. McKennas Familie hatte eine lange Tradition treuer Dienste für die Terranische Allianz (und die West-Allianz vor ihr), und so war es kaum verwunderlich, dass er der Held war, der im entscheidenden Augenblick auftrat und Geschichte machte. McKenna war entschlossen Terra zu ihrer alten Machtposition als Ursprungsplaneten und Zentralwelt des „Homo stellaris“ zu verhelfen. Nach der Auflösung der zerbrochenen Terranischen Allianz erklärte er sich zum Herrscher eines neuen Staates, der Terranischen Hegemonie. Bis zum Tod McKennas im Jahre 2339 hatte die Hegemonie ihre Autorität auf 100 Welten durch militärische, politische oder wirtschaftliche Mittel durchgesetzt.
Im Jahre 2340 wurde McKennas Neffe Michael Cameron auf den Posten des Generaldirektors gewählt. Während seiner Amtszeit verhalf er der Hegemonie zu neuen Erfolgen in Wissenschaft und Technik. So wurde als wichtigstes Ergebnis der erste ArbeitsMech, ein fusionsgetriebenes Bergbaufahrzeug, das mit Hilfe künstlicher Muskelstrukturen (den im 21. Jahrhundert entwickelten „Myomeren“) menschliche Bewegungen nachahmen konnte, fertiggestellt.
Das Wiedererstarken Terras führte dazu, dass 2317 eine ganze Reihe von Welten sich nach dem Vorbild des Vertrags von Marik zusammenschlossen. Beim Zensus von 2389 waren zehn unabhängige Staaten mit starker Zentralwelt entstanden., die jeweils alle Welten in Kommunikationsreichweite ihrer Hauptwelten umfaßten. Sechs starke Staaten hatten sich in der „Inneren Sphäre“ entwickelt, während die äußeren vier Bündnisse die „Peripherie“ genannt wurden. Häufig traten Konflikte über Grenzwelten auf, vor allem, wenn diese über Wasser verfügten. Mit den steigenden Spannungen begann auch ein enormer Rüstungswettlauf. Alle übrigen Staaten und Föderationen versuchten dem Vorbild der Hegemonie in Bezug auf Forschungsaktivitäten zu folgen, doch erreichten sie diese nie. Zum Ende dieses Zeitalters (was von den Historikern „Konsolidierung“ genannt wird; 2314 - 2397) wurden die Führungsansprüche wieder erblich, was zu entsprechenden Herrscherfamilien führte.
Im Jahre 2398 führte ein Grenzkonflikt zwischen der Konföderation Capella und der Liga Freier Welten mit dem Aufeinanderprallen von Boden- und Luftstreitkräften im Anduriensystem zu einem offenen Krieg. Dies sollte allerdings nur der erste blutige Krieg zwischen 2398 und 2412 um diverse wichtige Grenzwelten sein.
Nachdem 2412 eine blutige Schlacht im Tintavelsystem Tausende Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert hatte, kamen in New Olympia auf dem Planet Ares Vertreter aller zehn Staaten zusammen, um eine Konvention zu beschließen, die zivile Ziele jeglicher Art auf ritterliche Weise schützen sollte. Nach dieser Konvention sollten vor allem auch Nuklearwaffen geächtet werden. Sie ist bis heute noch als Ares-Konvention gültig, und jeder, der sie mißachtet, wird geächtet.
Als Ergebnis führten die verschiedenen Reiche hunderte kleiner Kriege, bei denen sich allerdings nie sehr viel veränderte. Auch die Staaten selbst kamen ziemlich unbeschadet davon. Auch wenn die Terranische Hegemonie versuchte sich von kriegerischen Handlungen fernzuhalten um ihre wirtschaftliche und technologische Basis zu festigen, gelang es ihr nicht immer und sie ging zum Teil auch selbst in die Offensive über. 2449 wurde die Terranische Hegemonie durch die Entwicklung des ersten BattleMechs zur vorherrschenden Militärmacht. Diese aus den BergwerkMechs hervorgegangenen Panzerfahrzeuge waren beweglicher, schwerer bewaffnet und anpassungsfähiger, als jedes andere Panzerfahrzeug, und konnte dazu noch die gesamte Palette konventioneller und energiegestützter Waffen in sich vereinen.
Die übrigen Staaten der Inneren Sphäre neideten der Hegemonie diese neue Technologie, und erst eine Kommandoaktion des Lyranischen Commonwealth gegen die Mechfabriken der Hegemonie auf Hesperus II im Jahre 2455 verbreiteten die Konstruktionsdaten für den BattleMech. Trotzdem konnte die Hegemonie ihre Stellung wahren, indem sie ihre Forschungen vorantrieb und immer verbesserte Modelle mit erhöhter Beweglichkeit und verbesserten Waffensystemen entwickelte. Billigere und effizientere Produktionsmethoden verstärkten diese Vormachtstellung. Zum Ende des 25. Jahrhunderts, welches auch als „Zeitalter der Kriege“ (2398 - 2550) bekannt ist, war der Terranischen Hegemonie die Rolle des Vermittlers zugekommen.
Als Schlichter schaffte die Terranische Hegemonie es nun auch wieder Frieden zwischen der Konföderation Capella und der Liga freier Welten zu stiften und das bei einem Streitfall, mit dem alles angefangen hatte, dem Anduriensystem. Ian Cameron, der 13. Generaldirektor der Hegemonie, brachte die beiden Staaten nicht nur zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages, sondern gewann auch noch die Freundschaft der beiden Herrscher Terrence Liao und Albert Marik. 2556 unterzeichneten die drei Regierungsoberhäupter das „Handschlagprotokoll“, einen geheimen Zusatz des Andurien-Friedensvertrages. Dieser Geheimpakt etablierte besondere Handelsbeziehungen und Nichtangriffsversprechen. Kurz darauf wurde der Vertrag von Genf ausgehandelt, der diese Drei zu den Gründern des Sternenbundes machte.
Zwischen 2556 und 2569 benutzte Cameron seine diplomatischen Fähigkeiten, um ähnliche Übereinkünfte mit den Vereinigten Sonnen, dem Lyranischen Commonwealth und dem Draconis Kombinat auszuhandeln, den übrigen Staaten der Inneren Sphäre. 2571 gründeten Cameron und die Herrscher der fünf übrigen Staaten ein neues, geeintes Reich unter dem Namen „Sternenbund“. Im Gegenzug für die Anerkennung Ian Camerons als Ersten Lord des Sternenbundes und Entscheidungsträger für die Außenpolitik des Bundes, garantierten die Gründungsverträge den fünf übrigen Häusern je einen Sitz im Hohen Rat, innenpolitische Autonomie und die Anerkennung ihrer Erbfolge. Und der wohl wichtigste Punkt: Alle Mitgliedsstaaten erhielten freien Zugang zu den militärischen Forschungseinrichtungen Terras.
Die Regierungen der Peripherie hingegen hatten nicht die geringste Absicht ihre Unabhängigkeit aufzugeben, und widerstanden somit allen diplomatischen Versuchen sie dem Sternenbund einzuverleiben. Dabei handelte es sich um die Außenweltallianz, das Tauruskonkordat, das Magistrat Canopus und die Republik der Randwelten. Als es immer klarer wurde, dass es keine friedlich Lösung geben kann, rüsteten die Peripheriestaaten auf. In der „Pollux-Proklamation“ forderte der Sternenbund die verbliebenen vier Bündnisse ein letztes mal auf, sich freiwillig dem Sternenbund anzuschließen. Nach einigen kleineren Schlachten und Scharmützeln kam es 2578 zum offenen Krieg mit der Peripherie. Der 20 Jahre andauernde „Vereinigungskrieg“ kostete mehr Soldaten und Zivilisten das Leben, als das gesamte Zeitalter der Kriege. 2597 wurden die vier eroberten Peripheriestaaten zu Territorien des Sternenbundes, und die Zeit der Wiedervereinigung (2551 - 2600) war vorüber.
Die nächsten anderthalb Jahrhunderte werden als das „Goldnen Zeitalter“ bezeichnet, in dem die Menschheit zu nie wieder erreichter Größe aufstieg. Um die Verwaltungsprobleme zu beseitigen wurde ein riesiges, weitverzweigtes Netzwerk von Relaisstationen für überlichtschnelle Funkverbindungen hergestellt. Die Hyperpulsgeneratoren (HPGs) genannten Sende- und Empfangsstationen basierten wie auch der Überlichtantrieb
der Raumschiffe auf den Kearny-Fuchida-Prinzipien. Im Grunde war ein HPG eine riesige „Kanone“, welche einen hochkomprimierten Impuls durch den Hyperraum auf seine Zielwelt abfeuerte. Dabei legt die Nachricht die Strecke in Nullzeit zurück, wobei der Energieverbrauch einer HPG-Sendung um nichts niedriger als der Hyperraumsprung eines Raumschiffs war. Allerdings kann ein HPG-Impuls eine Entfernung von 50 Lichtjahren zurücklegen, wohingegen ein Raumschiff maximal 30 Lichtjahre weit springen kann.
Nachdem die Ingenieure des Sternenbundes ein neues Wasseraufbereitungssystem entwickelt hatten, wurde es wirtschaftlich tragbar, auch solche Systeme zu besiedeln, die beim Exodus übergangen worden waren. Was das Geschenk des Himmels für viele Planeten war, bedeutete für das Ryankartell beinahe den Bankrott. Bis zum Jahre 2700 waren über tausend neue Welten besiedelt worden, wobei der Einfluß des Sternenbundes über einen grob kugelförmigen Bereich mit einem Durchmesser von etwa 540 Lichtjahren reichte. Medizinisch (zum Beispiel wurden Myomere auch hier brauchbar), technisch und wirtschaftlich (es wurde zum Beispiel eine gemeinsame Währung eingeführt, und alle Handelsschranken fallengelassen) gelangte der Sternenbund zu immer weiteren Höhen.
Als Tadeo Amaris 2650 seine Privatarmee der Republik der Randwelten in besorgniserregendem Maße vergrößerte, erließ Michael Cameron ein Edikt, in dem die Obergrenze der Privatstreitkräfte festgelegt wurde. Nachdem er durch die Sternenbundarmee einige umfangreiche Manöver in den Randgebieten abhielt, reduzierte auch Tadeo Amaris seine Privatarmee. Insgeheim fuhren allerdings Amaris und die anderen Staatsoberhäupter fort ihre Milizen und Reserven zu verstärken. Es war nicht mehr nur das „Goldene Zeitalter“, sondern auch das Zeitalter der „Versteckten Kriege“.
Als im Februar 2751 Simon Cameron, der fünfte Erste Lord des Sternenbundes, ums Leben kam, war sein einziger Erbe, Richard Cameron, erst acht Jahre alt. Nach langen Beratungen (sie zogen sich über einen Monat hin) beschloss der Hohe Rat des Bundes den jungen Richard zum Ersten Lord zu ernennen und erhoben Aleksandr Kerensky, den Kommandeur der Sternenbund-Verteidigungsstreitkräfte, zum Regenten und Lordprotektor. Dabei wurde jedoch sehr schnell klar, dass die Lordräte sich selbst als die wahre Regierung des Sternenbundes ansahen.
Während der zehnjährigen Regentschaft erließ der Hohe Rat zwei, mit weitreichenden Konsequenzen versehene Edikte: Zum einen wurde Michael Camerons Edikt von 2650 aufgehoben, und ersetzt durch eines, welches eine Verdoppelung der Privatarmeen zuließ (was zu einer neuen Periode der Aufrüstung führte), und zum anderen erließen sie ein Edikt, welches den sechs Staaten der Inneren Sphäre einen größeren Anteil der Sternenbundeinnahmen zusprach, und gleichzeitig die Steuerlast der vier Territorialstaaten erhöhte. Letzteres verursachte augenblicklich Unruhen in den Peripheriegebieten, und zwang Kerensky dazu seine BattleMechgarnisonen der Regulären Armee drastisch zu verstärken.
Am 9. Februar 2762 wurde der Erste Lord Richard Cameron volljährig, und nahm seinen Platz auf dem Thron des Sternenbundes ein. Wenige Tage später erließ er den Exekutivbefehl 156, der die vollständige Auflösung der Hausarmeen befahl. Die Lordräte erklärten diesen Befehl als verfassungswidrig, und zwangen den Ersten Lord dazu, diesen Befehl zu widerrufen. Nur Stefan Amaris, Führer der Randwelten, unterstützte Richards Beschluß.
Nach und nach verschlechterte sich die Situation, und als Richard Cameron Ende 2762 den Hohen Rat auflöste, und die Steuerbelastung der Peripherie weiter steigerte, brachen dort erneut offene Unruhen aus. General Aleksandr Kerensky war hierauf hin befohlen worden, die Territorialstaaten erneut zu unterwerfen. In der Zwischenzeit unterzeichneten Amaris und Cameron einen geheimen Vertrag, bei dem sich Amaris bereit erklärte, im Gefahrenfall Terra zu verteidigen. Als sich 18 Peripheriewelten im April 2765 vom Sternenbund lösten und immer mehr Einheiten an die Peripherie verlegt wurden (darunter auch Camerons Hauseinheiten), war dieser Vertrag nahezu prophetisch gewesen.
Im Jahre 2766 waren drei Viertel der Regulären Armee an der Peripherie stationiert, wogegen auf Terra die Hausarmee Stefan Amaris’ den Platz der regulären Einheiten einnahm.
Ende Dezember schlug Amaris zu. Er ermordete Cameron und ebenso alle, die auch nur im Entferntesten mit ihm verwandt waren. Er setzte seine Haustruppen gegen die Welten der Terranischen Hegemonie in Marsch und hatte durch diesen Überraschungsangriff am ersten Tag 95 der 103 Planeten unterworfen. Die Nachricht dieser Tat erreichte Aleksandr Kerensky aufgrund der langen Kommunikationswege erst im Mai des darauffolgenden Jahres. Er beendete unmittelbar seinen Feldzug gegen die Peripherie, unterzeichnete augenblicklich einen Waffenstillstand mit sämtlichen Peripheriestaaten (ausgenommen der Republik der Randwelten), und erklärte dem Usurpator Stefan Amaris den Krieg. Die Lordräte blieben in diesem Falle trotz Unterstützungsgesuchen beider Seiten neutral.
Im August 2767 unterwarf Kerensky die Republik der Randwelten, und wandte sich den Planeten der Hegemonie zu. Der Krieg dauerte blutige zwölf Jahre, doch Kerensky rückte unaufhaltsam Welt um Welt vor, bis schließlich am 3. September 2779 auch Terra befreit wurde. Am 30. September nahm Kerensky Amaris gefangen, und ließ ihn und seine Familie als Vergeltung für den Mord an Cameron hinrichten. Der Krieg hatte die Sternenbundarmee von ehemals 486 Divisionen auf nur noch 113 Divisionen dahingerafft. Einhundert Millionen Tote, viermal so viele Verletzte und eine Million Obdachlose waren der Preis dieses Sieges. Auch das interstellare Kommunikationsnetz, welches zum Nervensystem des Sternenbundes geworden war, hatte unter dem Krieg erheblich gelitten.
Nachdem Kerensky die Lordräte nach Terra einlud, erkannten diese ihm den Titel des Lordprotektors ab und zwangen ihn, die Verbliebenen Sternenbundstreitkräfte als Garnisonsverbände auf den Welten der Terranischen Hegemonie zu verteilen. Außerdem setzte der Rat Jerome Blake als Kommunikationsminister ein und beauftragt ihn, dass Kommunikationsnetz wiederherzustellen, eine Aufgabe, die weit über die kühnsten Träume des Rates Erfolg haben sollte.
Am 12. August 2781 löste der Hohe Rat sich offiziell auf und die Lords kehrten nach Hause zurück. Schon bald versuchten die Lords die Überreste der Amaris-Armeen an sich zu reißen und schließlich sogar Einheiten der regulären Armee zu rekrutieren. Kerensky versuchte sie daran zu hindern, doch verlangen die Lords dadurch nur seinen Rücktritt. Daraufhin rief er über 100 Divisionskommandeure und eine gleiche Anzahl rangniederer Offiziere auf New Earth für den 14. Februar 2784 zu einem geheimen Treffen zusammen. Nach dieser Besprechung zogen die Quartiermeister über sechs Monate still und leise mehr als 200 Transporter sowie Vorräte und Ersatzteile unbemerkt zusammen. Die Lords waren zu sehr mit ihren eigenen Plänen beschäftigt, als diese Aktion zu bemerken, bis sie im Hochsommer des Jahres Truppenbewegungen in der Peripherie registrierten.
Am 8. Juli des Jahres 2784 sandte General Aleksandr Kerensky ein einziges Wort an die am Sprungpunkt über New Earth und 50 anderen Sternen versammelten Sprungschiffe. Dieses Wort war „Exodus“. An diesem Tag tauchten über tausend Sprungschiffe in den Hyperraum ein. Am 5. November hatte sich diese gewaltige Flotte bis New Samarkand im Draconis Kombinat vorgearbeitet. Achtzig Prozent der Sternenbundarmee hatten sich Kerensky angeschlossen. Es dauerte einen vollen Tag, bis die gewaltige Armada das System verlassen hatte. Seit diesem Tag hat niemand mehr etwas von Kerensky und seiner Flotte gehört oder gesehen. Sie waren in der Tiefe der Peripherie verschwunden und scheinen die Innere Sphäre für immer aufgegeben zu haben.
Nachdem Kerensky auf dramatische Art und Weise abgezogen war, gab es kein Hindernis mehr für den Bürgerkrieg. Jeder der Lords rief sich zum neuen Ersten Lord aus, was die gesamte Innere Sphäre innerhalb weniger Monate in den Krieg zog.
Der erste Nachfolgerkrieg dauerte von 2787 bis 2821.
In dieser Zeit tobte der blutigste Krieg, den die Menschheit jemals zuvor gesehen hatte: Die kriegführenden fünf Großen Häuser wischten die Ares Konvention beiseite, als hätte sie es nie gegeben. Sie ließen Städte einäschern, lebenswichtige Industrieanlagen vernichten und hunderte Millionen Zivilisten abschlachten. Nur sehr wenige Welten blieben unversehrt, doch trafen die Folgen der Zerrüttung des Handels, der Wirtschaft und der Kommunikation auch sie. Bereits 2815 hatten die Nachfolgerstaaten des Sternenbundes einen Großteil ihrer Überlichtraumwerften eingebüßt. Die Wasseraufbereitungsanlagen wurden teilweise vom Nachschub der benötigten Ersatzteile abgeschnitten, was sie zur Rückkehr zur Eisschiff-Technik zwang, oder sogar die Aufgabe dieser Planeten erforderte. Im Jahre 2821, zum Ende des Krieges, erlangten wasserreiche Planeten ihre strategische Bedeutung zurück.
Das Ende des Krieges basierte allerdings nicht auf der Beilegung der Streitigkeiten, sondern eher auf einer allgemeinen Erschöpfung. Nachdem die Staaten ihre militärische Macht wiedererlangt hatten, und die wissenschaftliche Forschung auf die weniger getroffenen Welten verlegt hatten, brach der offene Krieg nach erneuten Spannungen wieder aus.
Der zweite Nachfolgerkrieg tobte ungefähr zwischen 2830 und 2864. Er stand dem ersten Krieg um nichts nach. Wieder wurden unzählige Menschen getötet, wobei nur wenige Welten den Besitzer wechselten. Weitere Industrieanlagen wurden vernichtet, und Wissenschaftler, sowie Techniker kamen dabei ums Leben. Manche Forschungs- und Technologiezweige wurden dadurch völlig von der Bildfläche gefegt. Die technologische Entwicklungsstufe erreicht das Niveau Terras zum Ende des 21. Jahrhunderts, und so wurde es nahezu unmöglich bzw. extrem aufwendig fortschrittliche Computer, große Fusionsreaktoren oder Raumschiffe zu bauen. So begannen die Nachfolgerfürsten nun damit alte Maschinen auszuschlachten, anstatt neue zu produzieren.
Nach einer kurzen Verschnaufpause brach 2866 der dritte Nachfolgerkrieg aus, als draconische Verbände gegen den kernwärtigen Teil des Lyranischen Commonwealth vorrückten. Schon kurz darauf befand sich erneut die gesamte Innere Sphäre im Krieg. In den darauffolgenden Jahren wurde der Krieg zu einem derart alltäglichen Zustand, dass diese Periode schlicht als die „Nachfolgerkriege“ bezeichnet wird. Allerdings erreichte die Gewalt nicht mehr das Ausmaß der ersten beiden Nachfolgerkriege.
Dies schien zuerst an den mangelnden Ressourcen zu liegen, doch nach und nach wurde klar, dass nicht die gesamten lebenswichtigen Ressourcen vernichtet werden durften. Schon bald entwickelten sich wieder Regeln der Kriegsführung ähnlich denen der Ares-Konvention. Keiner versuchte mehr Technologiezentren zu zerstören, sondern sie funktionsfähig zu erobern. Die Seite die sie verlor, begnügte sich damit, dass sie im nächsten Krieg die Chance hatte die Einrichtung zurückzuerobern. Sprungschiffe wurden immer rarer, was schließlich zur Unantastbarkeit der verbliebenen Schiffe führte. Des weiteren Kämpften Einheiten (vor allem Söldner) nicht mehr bis zum bitteren Ende, sondern ergaben sich, und kauften sich mit einem Lösegeld frei. Große Mechschlachten wurden oft in Intervallen geführt, so dass in der Zwischenzeit die Techs Gelegenheit bekamen die Maschinen zu warten und zu reparieren.
Eine weitere Folge dieser Kriege war das Erstarken des feudalen Machtsystems. Da die Kommunikationswege zu lang waren, stellten die Herrscher der fünf großen Häuser die Welten unter die Hierarchie planetarer Adeliger, die meist Elite-Mecheinheiten entstammten und dem Herrscher als Gegenleistung ihre Kriegsdienste boten.
Ein weiteres Phänomen war das auftreten von „Banditenkönigen“ in der Peripherie. Diese Königreiche umfassten meist wenige Welten, die sich geschlagene und geflüchtete Söldner oder Truppenteile unterworfen hatten. Am Ende des 30. Jahrhunderts wurde die Innere Sphäre von mehr als 60 bekannten Banditenkönigreichen umgeben.
Diese Ära der Stabilität dauerte fast ein Jahrhundert an, bis das empfindliche Gleichgewicht der Kräfte in der Inneren Sphäre erheblich gestört wurde. Katrina Steiner, Archon des Lyranischen Commonwealth, unterbreitete den vier anderen Fürsten im Jahre 3020 einen Friedensvertrag. Außer Hanse Davion, Prinz der Vereinigten Sonnen, begrüßte keiner diesen Vorschlag. So kam es dazu, dass entsprechende militärische, sowie wirtschaftliche Vereinbarungen in einem Vertrag auf Terra, dem Sitz ComStars (des interstellaren Kommunikationsordens, der von Jerome Blake gegründet worden war) getroffen wurden. In einer Geheimklausel wurde Prinz Hanse Davion die Hand der zu diesem Zeitpunkt erst zwölfjährigen Melissa Steiner versprochen. Als die verbliebenen drei Staaten dieses Bündnis als Ungleichgewicht der Kräfte erkannten, schlossen diese im Jahre 3022 einen ähnlichen Vertrag untereinander, der allerdings nicht annähernd so umfangreich war, wie der Allianzvertrag.
Am 20. August 3028 wurden Prinz Hanse Adriaan Davion und der designierte Archon Melissa Arthur Steiner im ComStar Hauptquartier auf Terra getraut, das Ereignis, welches zugleich Geburtsstunde des Vereinigten Commonwealth war. Bei dieser Veranstaltung waren alle Persönlichkeiten der Inneren Sphäre anwesend, und nachdem beide ihre Treue gelobten tauschten sie die Morgengaben aus. Mit einem breiten Lächeln schenkte er seiner Gattin - die Konföderation Capella.
Dies war der Beginn des vierten Nachfolgerkrieges. Das Vereinigte Commonwealth griff zuerst die Konföderation Capella, und dann das Draconis Kombinat an. Die Liga freier Welten blieb zum größten Teil unbeschadet, und verlor lediglich 14 Welten, wohingegen das Draconis Kombinat 53 Welten verlor (es eroberte im Gegenzug 15 Systeme), und die Konföderation Capella 20 Systeme an die neugegründete Republik Tikonov und weitere 17 System an den sich losgelösten St. Ives-Pakt verlor. Schließlich erklärten 3030 Hanse Davion und Katrina Steiner den Sieg und Waffenstillstand.
Die Konföderation Capella verlor allerdings noch einmal Welten, als sich das Herzogtum Andurien für unabhängig erklärte und zusammen mit dem Magistrat Canopus, einem der größten Peripheriestaaten, für diese Unabhängigkeit kämpfte.
Nach einer Volksabstimmung löste sich die freie Republik Tikonov auf, und schloß sich der Mark Sarna, einem Verwaltungsbereich des Vereinigten Commonwealth, an.
Der vierte Nachfolgerkrieg war mit zwei Jahren der kürzeste, dafür aber wieder sehr blutig. Bis zu diesem Krieg hatte sich im Machtverhältnis nicht viel verändert.
Zwischen 3030 und 3040 tobten an der Grenze des lyranischen Teils des Commonwealth und des Draconis Kombinats erneut bittere Kriege, die sogenannten „Ronin-Kriege“. Dies waren die Unabhängigkeitskriege der Bewohner der Grenzwelten, wobei der lyranische Teil freigegeben wurde, und die Schlachten im draconischen Teil stattfanden. Als Ergebnis dieser Kriege hatte sich die Freie Republik Rasalhague gebildet. Seit diesem Zeitpunkt bildet sie einen Pufferstaat zwischen dem lyranischen Teil des Vereinigten Commonwealthes und dem Draconis Kombinat.
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